Protestschwein-Jungtiere im Zoo Hannover (Bauernhof)

Alte Nutztierrassen:
Die (un)bekannten
Seltenheiten

Tierisch spannend
Artenschutz

Die bedrohten Haustierrassen vom Zoobauernhof

Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 2/22 der Zoo-Zeitschrift JAMBO!.
Dass Nashörner, Eisbären und Elefanten stark bedroht sind, immer seltener werden und sich Zoos für ihren Schutz und ihre Erhaltung aktiv einsetzen, ist vielen bekannt. Doch Artenschutz beginnt vor der Haustür und viele heimische Tierarten sind echte Seltenheiten geworden: Zum Beispiel bestimmte Bauernhoftiere wie Schweine-, Rinder- und Schafsrassen. Etwa 64 % der alten Nutztierrassen gelten inzwischen als gefährdet.
Ein Projekt, das der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) in enger Zusammenarbeit mit dem Tierpark Arche Warder, als Zentrum für alte Haus- und Nutztierrassen, ins Leben gerufen hat, widmet sich jetzt eben diesen eher unauffälligen Zoo-Tieren: Den bedrohten Haustierrassen. Dabei sollen Mitgliederzoos des VdZ verstärkt zusammenarbeiten.
Dazu zählt, die wissenschaftliche Erhaltungszucht zu optimieren und zunächst viele Nachforschungen zu betreiben: Die einzelnen Tiere der bedrohten Haustierrassen in deutschen Zoos zu finden, ihren Genpool festzustellen, alle Informationen in Zuchtbüchern zu erfassen und noch weitere Zoos zu motivieren, sich an der Haltung und Zucht bedrohter Haustierrassen zu beteiligen.
Alte Haustierrassen im Zoo Hannover: Die Rauhwolligen Pommerschen Landschafe
deutscher Riesenschecke bei der Futteraufnahme auf Meyers Hof

Neben den Rauhwolligen Pommerschen Landschafen sind auch Deutsche Riesenschecken auf dem Bauernhof zuhause.

Wir Zoos sind mit unserem wertvollen Tierbestand und unserer Expertise prädestiniert dazu, durch das Mitwirken an diesem besonderen Projekt das Verschwinden dieser biologischen Vielfalt aufzuhalten und alte deutsche Haustierrassen vor dem Aussterben zu bewahren.

Zoo-Schäftsführer Andreas M. Casdorff

A. Casdorff

Andreas M. Casdorff

Haustiere
im Unterricht

Bunten Bentheimer Schweine im Zoo
Außerdem sind die seltenen Haustiere Inhalt des Zooschul-Unterrichts und werden so auch die jüngeren Generationen mit den Themen Ernährung und landwirtschaftliche Tierhaltung vertraut machen.
Denn auf dem Zoobauernhof in Hannover, Meyers Hof, leben schon seit über 20 Jahren alte, bedrohte Haustierrassen und der Zoo wird sich auch weiterhin an dem Erhaltungszuchtprojekt aktiv beteiligen.
Mehr über das Unterrichtsangebot der Zooschule finden Sie hier.

Aufklärung: Auch Nutztiere gelten als bedroht!

Neben informativen Schildern sprechen die Tierpflegerinnen und Tierpfleger in ihrer täglichen Arbeit mit vielen Gästen über die besonderen Bewohner des Zoobauernhofs. Gäste sind häufig überrascht darüber, wie selten die Tiere sind. "Viele sehen einfach eine Kuh oder ein Schaf, ihnen ist aber nicht bewusst, dass es besondere Rassen sind, die es kaum noch gibt.", berichtet Revierleiterin Manja Fuhrmann. Denn das Leben der Menschen und auch die Landwirtschaft haben sich im Laufe der Zeit stark verändert.
Revierleiterin Manja Fuhrmann auf dem Zoobauernhof

Revierleiterin Manja Fuhrmann liebt ihre Arbeit auf dem Zoo-Bauernhof

Früher waren Bauern meist Selbstversorger, ihre Tiere echte Multitalente: Die Kuh wie das Harzer Rotvieh gab Milch und Fleisch und wurde oft auch als Zugtier auf dem Feld eingesetzt. Die Menschen arbeiteten körperlich, das Fleisch auf dem Teller durfte viel Fett enthalten. Heute sitzen die meisten Menschen den ganzen Tag am Schreibtisch und achten darauf, möglichst mageres Fleisch zu verzehren.

Revierleiterin Manja Fuhrmann

Bunten Bentheimer Schweine
Sperberhuhn im Zoo
Die Bauern heutzutage spezialisieren sich, bauen nur eine Getreide- oder Gemüsesorte an oder halten nur eine Tierart – dafür aber viele Individuen. Denn da die Kunden nach preiswerten Produkten verlangen, müssen die Landwirte zu möglichst günstigen Preisen produzieren. Die Bauernhoftiere sind für eine bestimmte Eigenschaft gezüchtet und erbringen echte Hochleistungen: Kühe, die besonders viel Milch geben, Hühner, die nahezu täglich Eier legen oder Schweine, die viel schneller Fleisch ansetzen.
Bentheimer Schweine hingen sind deutlich robuster, stressresistent und weniger anfällig für Krankheiten. Ihr Fleisch hat einen hohen Fettanteil. Das stark gefährdete Sperberhuhn legt etwa 180 Eier pro Jahr, eine Legehenne über 300.
Dafür haben Sperberhühner eine längere Lebenserwartung, können fünf bis sieben Jahre alt werden. Legehennen der konventionellen Landwirtschaft hingegen erreichen meist nur ein Alter von 1,5 Jahren“, berichtet Fuhrmann. Zudem können Sperber als Zwiehuhn eingesetzt werden, sie setzen also auch Fleisch an.
Unsere Bunten Bentheimer Schweine brauchen etwa zwölf bis 14 Monate, bis sie das landwirtschaftliche Schlachtgewicht von 120 Kilogramm auf die Waage bringen. Ein Schwein aus der Massentierhaltung erreicht das schon innerhalb von fünf bis sechs Monaten.

Revierleiterin Manja Fuhrmann

Die Herkunft
steckt im Namen

Ein charmantes Detail vieler alter Nutztierrassen: Die Namen verraten, wo sie ursprünglich herkommen und an welchen Lebensraum sie bestens angepasst sind.
Thüringer Waldziegen
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Die Thüringer Waldziegen

Die Thüringer-Wald-Ziege entstand, wie der Name schon sagt, in Thüringen (Deutschland) - und zwar rund um 1900. Sie hat ein kurzes Fell und ist braun mit weißer Gesichtsmaske. Ohren und Unterbeine sind ebenfalls weiß.
In den 1930er Jahren gab es in Deutschland rund 60.000 Thüringer-Wald-Ziegen, doch im Laufe der Zeit ging ihre Zahl drastisch zurück. Zwischenzeitlich gab es weniger als 200 Tiere, wodurch die Rasse fast ausgestorben wäre. Trotz ihres Namens ist die Thüringer-Wald-Ziege keine typische Waldbewohnerin, sondern eine robuste Hausziege. Sie ist vor allem für ihre Milchleistung und Anpassungsfähigkeit bekannt.
Harzer Rotvieh
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Das Harzer Rotvieh

Das Harzer Rotvieh gehört zu den ältesten Rassen des Hausrindes.
Das Harzer Rotvieh, oder auch Harzer Rote Höhenvieh, stammt aus dem Harz in Deutschland. Es hat ein durchgehend rot-braunes Fell, eine weiße Schwanzquaste und dunkle Hörnerspitzen.
Das Exmoor-Pony
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Das Exmoor-Pony

Das Exmoor-Pony ist eine alte, englische Pferderasse. Es hat starke Ähnlichkeiten mit dem Europäischen Wildpferd. Wie die Rasse entstanden ist, ist jedoch nicht ganz klar. Sicher ist, dass sie aus dem Moorgebiet Exmoor in Südwestengland stammt.
Seit dem 11. Jahrhundert lebt das Exmoor-Pony halbwild in den Moorgebieten rund um Exmoor. Dort gibt es heute noch etwa 150 Ponys, die ohne direkten Kontakt zum Menschen leben. Weltweit existieren nur noch etwa 4000 Exmoor-Ponys, wovon rund 400 in Deutschland leben. Diese Tiere sind besonders selten und werden in Zuchtprojekten und Naturschutzgebieten erhalten. Ihre ursprüngliche Lebensweise hilft, die Landschaft zu pflegen.
Porträt eines Schafs
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Die Rauhwolligen Pommerschen Landschafe

Das Rauhwollige Pommersche Landschaf ist eine alte Rasse der Hausschafe. Das Hausschaf ist die domestizierte (also vom Menschen gegenüber der Wildform veränderte) Form von Wildschafen! Das Rauhwollige Pommersche Landschaf wurde in der Region Pommern in Deutschland gezüchtet. Es hat ein dichtes, raues Wollkleid, das Schutz vor Wind und Wetter bietet. Das Wollkleid ist grau bis blaugrau oder bräunlich, Kopf und Beine sind schwarz. Die Lämmer sind schwarz von Kopf bis Fuß!

Gefährdungsstatus

Alle bedrohten Haustierrassen auf dem Zoobauernhof werden laut der „Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen“ als stark „gefährdet“, „gefährdet“ oder „unter Beobachtung“ eingestuft.
Das Dülmener Pferd ist sogar auf der höchsten Stufe als „extrem gefährdet“ gelistet.
Pferd auf der Koppel des Zoos Hannover

Wir schaffen Bewusstsein für tierische Produkte

Die Menschen können bei uns auf dem Zoobauernhof eine ganz andere Beziehung zu den Tieren aufbauen, sie streicheln und berühren. Das schafft eine besondere Nähe und hoffentlich wieder mehr Verständnis für die tierischen Produkte, die wir im Supermarkt oder Kaufhaus erwerben können. Ein absoluter Mehrwert für Mensch und Tier – vor allem, wenn uns bewusst wird, wie wertvoll und besonders die alten Rassen sind.

Revierleiterin Manja Fuhrmann

Kuhmilch in einer alten Milchkanne
Hühnereier
Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 2/22 der Zoo-Zeitschrift "JAMBO!".